Weltspiegelreportage und Kurzfilm aus Chile thematisieren die dunkle Seite des Avocadobooms

Der Weltspiegel berichtete am 10.3 um 16.30 über das Ausmaß der Umweltzerstörung und der Verletzung des Grundrechts auf Wasser in der chilenischen Provinz Petorca unter dem Titel „Avocado - Umweltkiller Superfood“:

Die reportage ist hier on line online verfügbar:

 

http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/umweltkiller-superfood-100.html

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Der Weltspiegel berichtete am 10.3 um 16.30 über das Ausmaß der Umweltzerstörung und der Verletzung des Grundrechts auf Wasser in der chilenischen Provinz Petorca unter dem Titel „Avocado - Umweltkiller Superfood“:

Die reportage ist hier on line online verfügbar:

http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/umweltkiller-superfood-100.html.

Die dunkle Seite des Avocadobooms ist auch ein Thema, dass das Regionalbüro Cono Sur der Heinrich-Böll-Stiftung seit Längerem interessiert. Avocados gelten als gesund und erfreuen sich wachsender Beliebtheit unter deutschen Verbraucher/innen. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes hat sich die Importmenge in den letzten sechs Jahren nahezu verdoppelt. Mehr als 58.000 Tonnen der vitamin- und mineralstoffreichen Früchte wurden 2016 in die Bundesrepublik importiert. 


Weniger bekannt ist die katastrophale Umwelt- und Menschenrechtsbilanz der beliebten Früchte. Nahezu 1000 Liter Wasser werden benötigt, um 2,5 Avocados zu produzieren. Ein Großteil des Exports konzentriert sich in den Händen von wenigen Großbetrieben, die Kleinbauern und –bäuerinnen aus dem Markt gedrängt haben. Besonders bedenklich ist die Situation in Ländern, in denen das Grundrecht auf Wasser (verfassungs-)rechtlich nur unzureichend verankert ist. Eines dieser Länder ist Chile. Der Andenstaat nimmt eine globale Sonderstellung bezüglich der Wasserpolitik ein. Hier hat der Saat freiwillig seine Schutzfunktion bei der Bereitstellung des Zugangs zu Wasser als Grundrecht aufgegeben. Die Verfassung und das aktuelle Wassergesetz (Código de Agua) wurden während der Militärherrschaft verfasst und ermöglichten es dem Staat Wasserrechte gratis an Dritte zu übertragen, die ihre Besitzrechte dann frei auf einem Wassermarkt nach den Kriterien von Angebot und Nachfrage handeln können. Dies hat zu einer wachsenden Konzentration der Wasserrechte in den Händen weniger Großunternehmer aus dem Agrar-, Bergwerks- und Forstwirtschaftssektor geführt. 80% des Trinkwassers Chiles wird heute in der Agrarindustrie verbraucht, insbesondere auch für den boomenden Avocado-Export. Derzeit werden 61 der insgesamt 346 Gemeinden Chiles mit Tankwagen versorgt. Nach einer Recherche von CIPER Chile gab der chilenische Staat in den letzten sechs Jahren umgerechnet ca. 126 Millionen Euro dafür aus, die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen. Kosten, die aus dem öffentlichen Haushalt bezahlt werden und von allen Chilen/innen zu tragen sind, während die Gewinne aus dem Wassermarkt an Privatpersonen und Unternehmer/innen gehen, die hierfür nicht oder nur gering besteuert werden. Die staatliche Wasserbehörde Dirección Genéral de Aguas (DGA) verfügt nicht über hinreichend Kompetenzen, um diesen Wassermarkt effizient regulieren zu können, da sie, nach Recherchen der Umweltorganisation Fundación Terram über keine belastbaren Informationen über die tatsächliche Verteilung der Wasserrechte verfügt. Die gnadenlose Ausbeutung der Natur und der Ressource Wasser durch Agrar- und Forstwirtschaftsindustrie und den Bergbau haben in dem Land, das besonders heftig von extremen Klimaphänomenen und fortschreitender Wüstenbidlung betroffen ist, zu wachsenden Umwelt- und Wasserkonflikten geführt.

Das Regionalbüro Cono Sur der Heinrich-Böll-Stiftung arbeitet seit 2014 mit der Bewegung MODATIMA  (Movimiento de Defensa del Agua, la Tierra y la Protección del Medio Ambiente: Bewegung zur Verteidigung des Wassers, des Landes und für den Umweltschutz) zusammen, die aus einem Zusammenschluss von Kleinbauern und Kleinbäuerinnen in der Provinz Petorca hervorgegangen ist, die aufgrund der Ausbeutung der Flüsse durch wenige Avocado-Barone ihre Lebensgrundlage verloren. Die Stiftung finanziert Fortbildungsprogramme und unterstützt die Bewegung bei der Öffentlichkeitsarbeit, so u.a. auch der Erstellung von audiovisuellem Material. In diesem Zusammenhang entstand der Kurzfilm SECOS in einer trilateralen Kooperation zwischen dem Regionalbüro Cono Sur der Heinrich Böll Stiftung mit Sitz in Santiago de Chile, unserer Partnerorganisation MODATIMA und der chilenischen Produktionsfirma POETASTROS. Ein Dutzend der bekanntesten Film- und Fernsehschauspieler/innen Chiles hatten sich bereit erklärt, auf ihre Gagen zu verzichten, um an diesem Kurzfilm mitzuwirken. SECOS thematisiert die katastrophalen Auswirkungen der Privatisierung des Grundrechts auf Wasser in der Avocado-Industrie in der Provinz Petorca. Das traditionelle Zentrum des Avocado-Anbaus wurde aufgrund der Übernutzung der Wasserressourcen durch die massive Ausdehnung von Avocado-Plantagen in eine Wüstenlandschaft verwandelt, die beiden Flüsse sind ausgetrocknet. Mehr als 7000 Kleinbauern und Kleinbäuerinnen verloren ihre Existenzgrundlage und die Bevölkerung muss über Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden, mit hohen Kosten und fragwürdiger Wasserqualität. Nach einer Reportage des dänischen Journalistenteams Danwatch erhielten die Mitglieder unserer Partnerorganisation MODATIMA Morddrohungen und bedürfen seither Schutzmaßnahmen. Der Film richtet sich auch an deutsche und europäische Verbraucher/innen, Politiker/innen und Menschenrechtsorganisationen und die Lebensmittelketten, die die Avocados in Europa verkaufen und möchte einen Dialog zum Grundrecht auf Wasser und verantwortungsbewussten Konsum anstoßen.

Der Film ist unter Creative Commons Lizenz frei und zugänglich: https://youtu.be/6v6kOgHFtU4